Die Ursulinen berufen sich auf zwei Identifikationsfiguren, Ursula und Angela. Meines Wissens ist eine derartige Kombination einmalig: eine Gestalt, die aus der Kraft der Legende lebt, und eine biographisch fassbare Person.
Damit ist Ganzheitlichkeit programmiert, ein Ideal der Ursulinen, denn mit unterschiedlichen Realitätsebenen werden verschiedene Dimensionen des Bewusstseins angesprochen.
Ursula hat die Fahne an Angela übergeben; diese gibt sie weiter an Mitarbeiterinnen, Freundinnen, Nachfolgerinnen. Die Fahne steht für Zusammengehörigkeit, für gemeinsamen Einsatz.
Die Geschichte von Ursula und den 11000 erzählt von Leben und Tod, von elementaren Themen wie Liebe und Freundschaft, Lebensreise, Selbstfindung und Selbstverwirklichung. Für unsere Zeit scheint mir die Botschaft der sogenannten dritten Kraft besonders wichtig, das heißt das Finden von Kompromissen und der Verzicht auf Gewalt.
Eine Legende ist eine Geschichte, die man lesen soll (legere – lateinisch -: lesen). „Lesen“ meint, mit allen Sinnen wahrnehmen, beobachten, sich einfühlen, einordnen. Man kann in einem Buch lesen, in der Natur, in einem Gesicht. Das Wort „intelligent“ hat damit zu tun.
Auf dem Hauptaltar in der Ursulakirche Neuburg befindet sich ein Bild vom Martyrium Ursulas und ihrer Gefährtinnen. Respekt zollen wir allen, die wegen ihrer Überzeugung gestorben sind.
Was kann Martyrium für mich in meinem Alltag bedeuten, in dem ich doch immer wieder Glück und Frieden suche?
Der Begriff „martys“ bedeutet ursprünglich „Zeuge vor Gericht“. Die Interpretation „mit meinem Herzblut Zeuge sein für das mir Wichtige“ möchte ich unterschreiben.
Rita Juliane Kunze
Bild: Glasfenster im Ursulinenkloster Straubing
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Die Kraft und die Ermutigung
des Heiligen Geistes sei in euch allen,
damit ihr die euch anvertraute Aufgabe übernehmen
und sie mutig und getreu fortführen könnt.
Angela Merici, aus der Einleitung zu den Ricordi